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Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland e. V.

Spiegel-Artikel "Marke Eigenbrau"

In seiner Wahl-Sonderausgabe vom 25. September 2013 berichtet der SPIEGEL über die wachsende Gemeinde der Hobbybrauer in Deutschland. In dem Artikel geht es u.a. auch um den VHD.

Dank der freundlichern Genehmigung des Verlages können wir den Text des Artikels hier veröffentlichen:


Marke Eigenbrau

von Alexander Kühn

(aus SPIEGEL-Wahlsonderheft vom 25.09.2013)

Die Lust am Selbermachen hat auch die Bierliebhaber erfasst. In Seminaren und Internetforen lernen sie, Hopfen und Malz zu kochen.

Die Witze dürfen gern ein wenig schal sein, Hauptsache, das Bier ist frisch. ,,Das Auge trinkt mit", sagt Andreas Heiß zu Beginn seines Seminars. Im alten Ägypten sei Bier sogar Grabbeigabe gewesen. „Sie erkennen das deutlich in den Bieroglyphen."

Heiß, 43, ist Ingenieur für Brauwesen und Getränketechnologie. Dank einer Fortbildung zum Biersommelier weiß er, dass Bockbier gut zu Wild passt, Alt eher zu Eintopf, und was aus welchem Glas am besten schmeckt. Seit einigen Jahren fährt Heiß durch Deutschland und lehrt die Kunst des Brauens. Im Hamburger Hofbräuhaus, das mit Maibaum und Gebirgspanorama auf bayerisch getrimmt ist, wollen an diesem Sommertag 10 Teilnehmer lernen, was Hopfen und Malz im Innersten zusammenhält.

Darunter sind Spaßtrinker wie Thomas, der ,,kulinarisch in Richtung Pils und Weizen unterwegs" ist, oder Kai aus Köln, der Kölsch ernsthaft für ,,das beste Bier auf der ganzen Welt" hält. Einer, der zu Hause tatsächlich selbst brauen möchte, ist Jürgen, von Beruf Verwaltungsbeamter. Er hat schon Wein fabriziert und einen alten Kühlschrank um gebaut, um Käse zu züchten. Jetzt will  er sich am Bier versuchen.

Nicht nur Gasthäuser sind in den vergangenen Jahren ins Braugeschäft eingestiegen, auch manche Privatleute produzieren so selbst-verständlich Weißbier oder Pils, wie andere Marmelade einkochen. Das Bier Marke Eigenbrau wirkt wie ein kleiner Aufstand gegen den Massenbiermarkt, auf dem Großbrauereien die kleinen schlucken und Fernsehbiere wie Beck's oder Krombacher regionale Marken verdrängt haben.

Mehr als 500 alkoholische Selbstversorger haben sich zur Vereinigung der Haus- und Hobbybrauer in Deutschland (VHD) zusammen- geschlossen.
Sie treffen sich zu Stammtischen und Verkostungen. Am letzten Wochenende im September kommen sie zur Jahrestagung im schwäbischen Blaubeuren zusammen. Höhepunkt soll der Brauwettbewerb sein, bei dem drei Kategorien prämiert werden: Spezialhell, Roggenbier dunkel, Weizenbock dunkel. Die Sieger erhalten einen Zentner Malz.

Der Berufsschullehrer Markus Metzger, erster Vorsitzender der VHD, war einer der ersten Kleinbrauer in Deutschland. Seit 1990 produzieren er und seine Frau in ihrem Keller in Karlstadt am Main ihr "Karschter" Helles. Beim Hausbau hatten die Metzgers die Mini-Brauerei seinerzeit schon eingeplant. Längst haben sie einen festen Kundenstamm. Die Ware fährt Markus Metzger mit dem Rad aus, sofern er nicht gerade auf irgendeinem Dorffest oder Markt in historischer Brauertracht sein Handwerk bewirbt.

Sein Verbandsvize Walter Geißler steht im "Guinness-Buch" als Besitzer der mit 5500 Exponaten weltgrößten Weizenglassammlung. "Der Trend zum Selberbrauen ist seit drei, vier Jahren richtig spürbar", sagt Geißler. ,,Die Menschen interessieren sich wieder mehr für Lebensmittel."

Noch in den siebziger Jahren verbot das Biersteuergesetz in Deutschland die Verbreitung von Brauanleitungen. Inzwischen dürfen Privatleute nach den Zollvorgaben der Europäischen Union 50000 Liter Bier im Jahr brauen und verkaufen. Die Herstellung für den Eigenbedarf ist bis 200 Liter abgabenfrei.

Peter Hahn, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bunds(DBB), mag darin keine Konkurrenz erkennen, vielmehr eine willkommene Ergänzung. "Es steigert den Wert von Bier als Kulturgut."

Brauen sei heute so einfach wie nie zuvor, sagt Hahn. "Die Gerätschaften sind immer besser geworden." Vor etwa 15 Jahren habe der Brauer-Bund in Kursen noch empfohlen, Waschmaschinen zu Sudpfannen umzurüsten. Mittlerweile gibt es Brau-Automaten im Internet schon für ein paar hundert Euro. Dazu gusseiserne Malzmühlen, Zapfhähne und Flaschenetiketten zum Selbstbedrucken. War Hopfen früher nur in Fünf-Kilogramm-Säcken erhältlich, bieten Portale wie der Hobbybrauer-Versand „Hopfen und mehr" heute auch 100-Gramm-Päckchen an. Das reicht für rund 50 Liter Pils.

Auf Seiten wie hobbybrauer.de tauschen die Freizeit-Braumeister Rezepte, von A wie Altbayerisches Dunkel bis W wie Wiener Altbier. Ein Hobbybrauer-Wiki sammelt lexikalisches Wissen.

Kursleiter Andreas Heiß gibt seinen Teilnehmern zu Beginn immer ein bisschen Malz zu knabbern und lässt sie an Hopfendolden zupfen und schnuppern. Die Männer bittet er, Malz zu mahlen, die Frauen schütten es in einen Topf mit heißem Wasser und rühren, die Männer
trennen fest von flüssig.

Der im Hamburger Hofbräuhaus produzierte Biersud muss noch eine Woche gären. Deshalb serviert Heiß das Ergebnis eines früheren Seminars. Es hat Zimmertemperatur, ist honiggelb und seifig im Abgang. Als Kontrast schenkt er weitere Spezialitäten aus: ein Bier mit Schoko-Aroma, einen Doppelbock, ein zwölfprozentiges Trappistenbier, das an Erkältungssaft erinnert, ein Rauchbier, das nach Schinken schmeckt. Der Alkoholpegel steigt. Mit ihm der Geräuschpegel.

Bald kann Heiß sich nur noch Gehör verschaffen, indem er durch die Finger pfeift. Er hält eine Tafel hoch, auf der steht, dass moderater Bierkonsum das Herzinfarktrisiko senke. "Mein liebstes Bier ist das Freibier", ruft Heiß. Aber da hört bereits niemand mehr zu.

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